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Specjalny numer kwartalnika w języku niemieckim, przygotowany na Targi Książki we Frankfurcie w roku 1998 - pełne wydanie.

środa, 07 październik 1998 20:30

Das Terminal

Napisane przez Marek Bieńczyk
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(C)opyright Dariusz Rzontkowski (C)opyright Dariusz Rzontkowski

Ich will euch was erzählen, dazu leb ich, außerdem braucht die Feder Stoff, und ihr habt das Buch vielleicht auch deshalb gekauft – und zwar, um zu erfahren, was bei anderen so los ist –, und das ist wunderbar, bloß hab ich mir nichts Neues angeschafft und fahr nirgendwo hin. In meiner Geschichte geht es um Liebe, das sag ich gleich.

 

Ich will euch was erzählen, dazu leb ich, außerdem braucht die Feder Stoff, und ihr habt das Buch vielleicht auch deshalb gekauft – und zwar, um zu erfahren, was bei anderen so los ist –, und das ist wunderbar, bloß hab ich mir nichts Neues angeschafft und fahr nirgendwo hin. In meiner Geschichte geht es um Liebe, das sag ich gleich.

Mit Vornamen heiße ich so, wie´s auf dem Umschlag steht, ein hübscher Name, international, so hieß auch ein Kaiser, ein guter Schriftsteller, traurig, und ein Evangelist, einer von den vieren, schon mal nicht schlecht, und jetzt schreiben sie sogar in den Ländern, wo die Sonne zuletzt versinkt, wie´s mit dem Mond steht, weiß ich nicht, den Namen langsam richtig, ohne „c” vor dem „k”, und sie sprechen ihn endlich normal aus, ziehen das „a” nicht mehr in die Länge, verschlucken das „e” nicht mehr, das „k” am Ende allerdings stoßen sie etwas zu kraftvoll aus, es fällt krachend, wie ein Topfdeckel, herab, und sofort geht es mir besser, denn es hält schwer, sich nicht zu identifizieren mit einem derart kraftvoll gesprochenen Wort. Auch sie sprach den Namen so, schließlich lebte sie nicht isoliert von der Welt – nämlich mit dem gleichen Nachdruck auf der letzten Silbe, nur daß in ihrer Betonung, statt der mein unbestreitbares Vorhandensein bekräftigenden Feststellung, eine Art Schalkhaftigkeit auftauchte, welche ungefähr besagte: Gewiß, du existierst, doch das ist noch nicht alles. Aber auch das genügte mir, manchmal bin ich wie ein Bettler, ich nehme alles, was ich kriege, zumal sie diesem Die-Sache – jaja! –beim–Namen–Nennen meistens ein Fürwort vorausschickte, das in meiner Sprache „dzierżawczy” – „das in Pacht nehmende”, in jenen Ländern jedoch das „besitzanzeigende” genannt wird, sehr zu unrecht, weil es in diesem ihrem kurzen „mein”, in Verbindung mit dem Namen, den ich nicht aussprechen will, weil ich sonst wieder glaube, Stimmen zu hören, nichts gab, das Besitz anzeigte noch in Besitz nahm, sondern nur einen feinen, zärtlichen Spott. Ich höre noch, wie sie es sagt, nach einem Schnitzer von mir oder einem meiner umwerfenden Witze; höre es immer noch: Ja, ja, mein M.; bravo, mein M.; o lala, mein M., diesmal war es schon besser. In Ordnung, das wollte ich, ich wollte diese kleine Portion Herablassung, nur um zu spüren, wie sie mich nannte, wie dieser Identitätsbeweis und diese buchstabierte Zärtlichkeit aus ihrem Munde kamen. Ich wartete also, daß das geschähe, gelassen, ohne Anspannung, wissend, es müsse schließlich eintreffen, sie würde schließlich diese süße äußere Bestätigung ausstoßen, die Welt würde durch ihren Mund sprechen, mich auf ihre Liste setzen. Aber so im Alltag, wo ein Tag war wie der andere, es sei denn, man hatte mal eine frische Baguette zu kaufen vergessen, lag mein Name brach, wartete seelenruhig auf seine Anrufung, so wie ein Säugling auf das Wechseln der Windeln, unschuldig, ohne Stimme. Denn ich muß euch sagen, sie war nicht wie eure Mutter, Schwester oder Frau oder euer Mann, vor allem Mann, sie rief einem nicht vom andern Ende des Zimmers oder der Küche zu, man solle den Müll hinunterbringen oder hinter der Waschmaschine, hinter der Waschmaschine solle man nachsehen, irgendwo müsse die Seife doch sein; nein, sie benötigte meinen Namen nicht zum alltäglichen Gebrauch. Und jetzt beginne ich das immer besser zu verstehen, schließlich hab ich es zu was gebracht im Leben, jetzt wird mir immer deutlicher bewußt, daß sie überhaupt nie, ihr hört richtig, daß sie niemals den Imperativ verwandte, den mit dem Ausrufezeichen oder der bittenden Intonation. Wenn sie wirklich das Salz benötigte, das auf dem Bord hinter mir stand, wäre sie selbst aufgestanden und hätte es sich geholt; wenn ihr kalt gewesen wäre, hätte sie allein den Sessel mit mir darin umrundet und das Fenster geschlossen, das im übrigen sowieso nicht richtig schloß. Keinerlei Bitten, Aufträge und Namen in der Anrufeform, Stille und ihre eigene Anstrengung, wenn schon mal was gewesen wäre. Und ein wenig tut es mir leid, daß ich nicht bin wie sie, daß ich euch anflehen, nun, um nicht zu übertreiben, daß ich euch bitten muß, diese Geschichte noch nicht in die Ecke zu werfen, unter den Fernseher, oder den schiefen Tisch in eurem geraden Leben damit abzustützen, denn solange ich zu euch spreche, geht es mir blendend, danach könnte es schlechter werden, ich werd keine Lust mehr haben, zum Kiosk zu springen und mir das Morgenblättchen zu holen, werd den Vögelchen keine Krümel mehr aufs Fensterbrett streuen, werde dahocken, den Kopf auf die Fäuste gestützt und reglos die Gegenstände anstarren, die heilgeblieben sind. Bleibt also noch bei mir, und ich verspreche euch reichlich Tränen, schließlich unterscheidet auch mich was von der Welt.

Soviel Bitten und gutes Zureden, es ist mir schon peinlich, die Sache ist nämlich die, daß ihre Bedürfnisse, sozusagen, im Dunkeln blieben und ihre Gelüste eigentlich gleich Null waren. Ich will es an einem Beispiel erklären: Arm in Arm betreten wir den Laden, den am oberen Straßenende, denn dort ist es billig, aber die Waren stehen nicht in Kartons herum, sondern elegant in den Regalen, wir gehen mit einem Korb hinein, die Wagen überlassen wir den Träumern und denen, die auf Unsterblichkeit hoffen. Von links und von rechts lächeln uns Kuh– und Schweineschnauzen zu, Fische schlagen in freudiger Erregung mit dem Schwanz, und Hühner verkünden fröhlich gackernd, die Pastete aus ihnen sei gut, noch dazu gebe es 20% gratis – aber sie reagiert nicht, ihr Blick gleitet nur über die Aufkleber hin, als wären es Gesichter eines fremden Geheimdienstes, nichts läßt sie sich anmerken, wir könnten uns weiter so durch die Menge zwängen bis zum Eintreffen der Polizei, denn daß Leute am hellichten Tag in einem Laden spazierengehen, während draußen die Sonne scheint und der Halm auf dem Rasen darum bittet, niedergedrückt zu werden, wo hat man sowas schon gesehen! Ich frage laut: Worauf hättest du wirklich Lust, ausgenommen, setze ich im Geist hinzu, Sachen von fünfzehn Franken an aufwärts, worauf – auf diesen ulkigen Käse mit dem Loch in der Mitte und den zwei an beiden Seiten, auf diese Escalopes aus dem Fleisch eines Hühnchens oder einer erfahrenen Henne oder vielleicht auf diesen goldgelben Couscous? Sie antwortet nicht, obwohl, ein Schweigegelübde hat sie nicht abgelegt, sie zuckt nur höflich die Achseln, und als ich ratlos nach einer Mama Ausschau halte, wirft sie leise hin: Wähl selber aus. Nein, das ist ungenau: die Wahl liegt bei dir. Die Übersetzung ist besser, die Situation schlechter, denn genauso ist es, muß es sein: Von uns beiden bin ich es, der den Kugelschreiber in der Hand hat, bin ich es, der alle Entscheidungen unterschreibt. Was wollen wir essen? Ist mir egal, was du magst. Wo gehen wir hin? Wohin du willst. Welchen Film sehen wir uns an? Wähle, du triffst die Wahl. Damals, in dem Laden, wußte ich nicht, was ich davon zu halten hatte und sagte mir erst einmal: Sie existiert anders, und Schluß, sie fühlt unter ihrer Hand die Formen, nicht die Werte, die Hierarchie gib dir selbst. Na schön, als Auftakt also für jeden eine Scheibe Schinken, von dem quadratischen vom Sonderangebot, der ist so hübsch geädert, wie ein Blatt im Herbst, zum Glück hat er nicht die gleiche Farbe; dann eine Tütensuppe, du machst Wasser heiß, und das war´s auch schon, dazu Fertigcretons mit Zwiebelgeschmack, Linsen mit Würstchen, zwei Stück pro Nase, und zum Nachtisch, tja, was zum Nachtisch? Du suchst die Kekse aus, sage ich, sie zögert, sieht zur Decke, schließlich wählt sie die billigsten oder die, von denen sie weiß, daß ich sie mag, nun, und wir gehen, die Einkäufe verstaut sie selbst, sorgfältig, zuerst die Büchsen, das Weiche extra. Manchmal wenn ich, ein Funkeln der Verzweiflung in den Augen, durch den Laden irrte, unfähig zur Wahl und darum willens, trotzig einen Räucherlachs, eine Gänseleberpastete mit Trüffeln, eine goldene Suchard-Kugel mit Nougatfüllung, vielleicht sogar Johnny Walker, allerdings ohne Gattin, zum Mahl zu bitten, erbarmte sie sich und stieß, auf einen meiner flehentlichen Blicke, entsagungsvoll hervor: Joghurt, haben wir noch Joghurt? Natürlich nicht, gewöhnlich bleibt kaum was übrig, wenn man den Kühlschrank vor dem Fenster hat und das Portemonnaie im Gefrierschrank. Sie sagte: Joghurt, und ich empfand Rührung, weil in diesem so seltsam ausgesprochenen Wort sowohl die Scham steckte, daß sie ungewollt etwas gestanden hatte, als auch der ferne Nachhall eines unterdrückten Kinderwunsches, etwas haben zu wollen, obwohl die Zeiten nicht danach sind. Später, als die Ausflüge in den Laden alltäglich geworden waren, trat eine Veränderung ein. Der Schwebezustand, das Schweigen, mein rasches Umheräugen und die mir abgerungenen Entscheidungen, all das dauerte fort in jenem sonderbaren Gleichgewicht und begann sogar, einen geheimen Reiz auf mich auszuüben; neu war, daß sie hin und wieder etwas sagte, nicht sofort, nicht eben gern, sie mußte erst ihre Zeit für gekommen, die meine für verstrichen halten, aber schließlich geschah es: Das da, und einmal sogar, das und das da. Nicht daß sie plötzlich ihrer Phantasie freien Lauf und ihrem Magen die Zügel hätte schießen lassen; sie fing nur an, über die Ordnung zu wachen, unsere Ordnung, unsere Neue Regel. Sie war wie ein Hund, der seine Hütte bewacht, wie ein Vogel, der sein Nest behütet. Sie zeigte nur auf die Dinge, deren Verzehr, warm oder kalt, in einfacher oder von mir erfundener Gestalt, uns zur Gewohnheit geworden war. Aus diesen paar Ziegelsteinen hatten wir unser Haus gebaut, und nun sah sie darauf, daß sie erhalten blieben. Sie mochte sie, soviel war klar, nicht mehr als andere, wer zöge schon.

Tütensuppe einer Hummer-Créme und einen Teller dicker Linsen von der Farbe der von der Sintflut heimgesuchten Erde gertenschlanken Spargelstangen in Rosensauce vor; auf eine natürliche Art hütete sie nur das, was bereits entstanden, was sich in den Zufällen des Tages zwischen uns angesponnen hatte. Und so forderte sie denn diese Suppen, diese Schokolade, denn was verbindet die Menschen mehr, als der letzte Riegel im Silberpapier, diesen Joghurt, nachdem sie bei uns heimisch geworden waren.

Den Joghurt jedoch mochte sie eindeutig, obwohl sie versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. Das fand ich rasch heraus, ich bin wie eine griechische Gottheit, ich weiß doch, was dem Menschen mundet, und ich sorgte dafür, daß die hübschen kleinen Becher, immer sechs an der Zahl, darunter lohnt es sich nicht, regelmäßig den Grund unseres Körbchens zierten und das Auge der Kassiererin erfreuten. Sie aß ihn drollig, am Anfang wie Suppe – auf den Löffel und in den Mund, auf den Löffel und in den Mund, dann, in dem Maße, in dem die Menge schwand, übernahm der Mund die Kontrolle und ging von der passiven Aufnahme zum aktiven Schlecken über. Schließlich nahte das Ende, der Becher offenbarte, wie alles, seine Leere, unvermeidlich strebte der letzte Löffel seiner Bestimmung zu, und dann geschah das Wunder – denn als solches bezeichne ich ihren verstohlenen Blick vor dem letzten Schlecker, einen Blick, der prüfte, ob ich auch nichts vermute, ob sie sich in ihrer Schwäche auch nicht zu sehr entblöße, ob ich auch nicht bemerke, wie ihre Zunge das Metallgeländer abwärtsfuhr und über die weiße Mulde driftete und dann, wie sie, im Schlußakkord, zögernd zum Mund zurückkehrte, der sich provokativ bereithielt für noch einen, nun wirklich den allerletzten Schlag. Ich sah natürlich nichts, ich starrte auf die Wand in ihrem Rücken, las von den Packungen den Gehalt an Fett- und Eiweißkörpern ab, an denen es nie fehlte, doch in meiner Seele wurde ein süßer Wettkampf ausgetragen: Ertappen des Lebens auf frischer Tat in der Konkurrenz der Damen. Es amüsierte mich, zu entdecken, daß sie auch ein Mensch war, es amüsierte und es rührte mich, wie sie heimlich und verschämt dem Dasein die wenigen Gaben, die schmackhaftesten Happen wegstahl, denn für nichts anderes halte ich den Joghurt Leader Price, hundertfünfundzwanzig Gramm im Sechser-Pack, mit dem idyllischen Bildchen auf dem Deckel: Wiese, Blumen, den Menschen zulächelnde Kühlein.

Die Sechs war übrigens ihre Glückszahl, behauptete sie. Ich tippte eher auf die Zwei, ein Herz plus ein zweites macht doch zwei, es sei denn, eins zerspringt, argumentierte ich naiv, aber ich hatte keinen Grund zu zweifeln – eine Zahl, die sich letztendlich in sicherer Entfernung von der Null befand, glatt halbieren ließ, nun und die ideale Note war für Kürläufer wie wir. Sieh mal, du bist am Sechsten geboren, und ich am Sechsten, der Monat ist nicht wichtig; du wohnst in der Nummer sechs, und das Zimmer am Meer trug auch die Sechs, sagte sie, nun, und an einem Sechsten haben wir uns kennengelernt. Ich weiß nicht, wie sie wirklich auf diese Sechs gekommen war, vielleicht mochte sie den siebenten Zwerg nicht, vielleicht war ihr erster Talisman die Sechs der oberen Milchzähne gewesen; immerhin hatte ich das Gefühl, auf eine sonderbare Weise benötige sie magische Formeln, um damit unseren kahlen Raum gründlich abzudichten, und manchmal, wenn wir uns für den ganzen Tag trennten, tat ich ihr heimlich ein halbes Dutzend Bonbons in die Tasche, zweimal drei Mandarinen, un


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Marek Bieńczyk - geb. 1956. Prosaiker, Literaturwissenschaftler, Essayist und Übersetzer aus dem Französischen (u.a. Romane und literarische Skizzen von M. Kundera, E. Cioran). Arbeitet an der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Autor von vielen Abhandlungen über die Kultur und Literatur (französische und polnische) des 19. Jhs. Veröffentlichte eine Abhandlung über den Romantikdichter Zygmunt Krasiński, Czarny Człowiek (Der schwarze Mann), Warszawa 1991; vor kurzem erschien sein Skizzenband Melancholia. O tych, co nigdy nie odnajdą straty (Melancholie. Über jene, die das Verlorene nie wiederfinden), Warszawa 1998. Der Roman Das Terminal gehört zu den interesssantesten Prosadebüts der letzten Jahre, er verbindet geschickt die Elemente eines Liebesromans, einer Erzählung, sowie eines literarischen Spiels und melancholischer Betrachtungen über die geistige Verfassung des zeitgenössischen Intellektuellen. Der Roman wurde ins Französische übersetzt (Gallimard 1997) und stieß bei der französischen Kritik auf großes Interesse. Lebt in Warschau

Czytany 14567 razy Ostatnio zmieniany niedziela, 18 październik 2015 20:51

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